Herzlich willkommen zu unserer heutigen Piano Listening Session “Michel Petrucciani”. Wir hören uns das Stück Looking Up von Michel Petrucciani an. Er war trotz mehrfacher körperlicher Einschränkung ein bemerkenswerter, virtuoser Künstler und Pianist. Lasst uns heute zusammen den musikalischen Lebensweg Michel Petruccianis am Jazz-Klavier anschauen.
Vermutlich habt ihr von Michel Petrucciani sogar schon mal gehört. Er erfreute sich bereits vor dem Zeitalter des Internets einer sehr großen Bekanntheit. Nicht nur, weil er so ein begnadeter Jazz Pianist war. Bemerkenswert war, dass er trotz einer sehr starken Behinderung so ein guter Pianist geworden ist. Schon als Kind im Alter von 3 oder 4 Jahren konnte er sämtliche Jazzsolos nach Gehör nachsingen. Dieses Talent wurde durch seinen Vater schon früh entdeckt – und dementsprechend gefördert.
Michel Petrucciani litt an der sogenannten Glasknochenkrankheit, die seinen Alltag stark beeinträchtigte. Zeitlebens hatte er mit regelmäßigen Knochenbrüchen zu kämpfen und er starb noch vor seinem 40. Lebensjahr. Aber was er in seinem kurzen Leben gemeistert hat, war unglaublich.
Das Stück, das wir uns oben im Video anhören, heißt Looking Up. Der Titel (zu Deutsch: nach oben schauen) ist sehr bezeichnend für den Künstler Michel Petrucciani. Er war durch seine Krankheit nicht besonders groß und musste immer zu den Leuten „aufschauen“.
Ab Minute 1:34 oben im Video kannst du dir den Titel mit mir zusammen anhören. Ich finde an dem Stück so besonders, dass man einfach den unglaublich starken Willen dieses Menschen erahnen kann, trotz seiner schweren Behinderung raus in die Welt zu gehen und sein musikalisches Ding zu machen.
Der softe Anfang
Das Stück beginnt super soft. Das Schlagzeug ist sehr im Hintergrund. Michel Petrucciani hat hier auch etwas Unübliches gemacht. Eigentlich ist er ja ein Jazz Pianist. Trotzdem lagert er mehrere Keyboards und Pads über die Klavierklänge. So erzeugt er einen ganz eigenen Klang.
Du hörst im Stück, dass Petrucciani mit der linken Hand unglaublich virtuos gespielt hat. Er spielt sehr krasse Begleit-Patterns, die zum Teil polyrhythmisch gestaltet sind und über den Takt hinaus gehen. Und auch mit der rechten Hand war er irre virtuos.
Teilweise haut er auch sehr feste ins Klavier rein. Ich vermute, dass ihm durch seine Krankheit einfach das Gefühl dafür fehlte, auch mal leisere Töne zu spielen.
Ab Minute 4:58 oben im Video hörst du eine weitere Eigenheit von Petrucciani: Er hat manchmal sehr überraschende Wendungen in seinen Kompositionen.
Ab Minute 8:04 kannst du ihm dann beim Improvisieren zuhören. Da hört man zum Teil unglaublich schnelle und präzise Läufe drin. Häufig spielt er auch Figuren, die er immer wieder rhythmisch verschoben hat. Er weiß auch immer ganz genau, wo er ist und wo die entsprechenden Bebop-Scales reinpassen. Das ist ganz große Kunst.
Woher ich Michel Petrucciani kenne
Ich selbst hab ein Notenbuch von Michel Petrucciani bei mir zu Hause. Und ich hab einige seiner Stücke versucht nachzuspielen. Mir ist dabei besonders aufgefallen, dass er zum Teil sehr unübliche harmonische Wendungen in seinen Kompositionen hat. Da sind Akkorde dabei, die auf den ersten Blick eigentlich überhaupt nicht zusammenpassen. Wenn man sich seine Komposition dann aber anhört, dann passt es einfach. Vieles, was er spielt, hört sich super leicht und auch logisch an. Darin war er einfach ein Meister.
Ich hoffe, dich hat Michel Petrucciani genauso begeistern können, wie er mich begeistert hat.
Hier noch ein weiterer Tipp für dich, falls du dich weiter über Michel Petrucciani informieren möchtest: Es wurde auch ein Dokumentarfilm mit dem Namen Michel Petrucciani – Leben gegen die Zeit gedreht. Der Film ist sehr sehenswert.
Andere hörenswerte Stücke von Michel Petrucciani sind Caravan, September Second, Cantabile oder Besame Mucho. Hört mal rein und lasst euch inspirieren 🙂