Mays, Lyle – (war Pianist bei Pat Metheny) – “Bill Evans”

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Liebe Klavierfreunde, herzlich willkommen zu einer weiteren Listening Session. Mein Name ist Sven Haefliger, ich bin der Gründer von Zapiano. Diesmal geht es um den Pianisten Lyle Mays. Die Leute, die auch etwas die Gitarristen verfolgen, die werden sagen „Oh, dieser Name kommt mir bekannt vor“. 

Das war sozusagen der kongeniale Partner von Pat Metheny während drei Jahrzehnten. Lyle Mays ist mittlerweile verstorben, vor etwa zwei, drei Jahren ist er für meine Begriffe relativ unerwartet verstorben. Er ging dann in Rente, weil er öffentlich bekundet hat, nach 30 Jahren Hotelzimmern hatte er einfach keine Lust mehr gehabt, auf Tournee zu gehen. Er wollte einfach nicht mehr. Wer schon mal länger auf Tournee war und nie das Gefühl hatte, ich bin jetzt zu Hause, der weiß, um was es geht. Also, wenn man das ein paar Mal gehabt hat… Zu Beginn mag das sehr spannend sein. Mit der Zeit ist es nur noch ätzend. Also das ist die Hintergrundgeschichte. 

Lyle Mays und Pat Metheny, die haben sich kennengelernt in den Zwanzigern und da haben sie wirklich Jazz bis zum Abwinken gespielt. Sie haben da wirklich irre gut gespielt und mit der Zeit ihre eigene Stimme gefunden. Lyle Mays war auch nebenbei als Architekt tätig. Er hat sich auch sehr viel mit Sounds beschäftigt, mit Keyboardsounds und das hat den Sound von Pat Metheny und Lyle Mays natürlich über Jahrzehnte geprägt; mit seinen Kompositionen wie auch mit seinen Sounds. Immer wieder hat er rumgetüftelt. 

Lyle Mays, ein unglaublicher Pianist

Nichtsdestotrotz ist Lyle Mays nebst all seinen Fähigkeiten, wo er Sounds kreiert hat, ein unglaublich guter Pianist und ich habe mir da mal eine Aufnahme rausgesucht, die einfach ein bisschen untypisch ist für ihn. 

Es geht um eine Hommage an Bill Evans. Bill Evans ist sozusagen der stilprägendste Jazzpianist überhaupt. 

Er hat in den 50er, 60er Jahren begonnen, wirklich Musikgeschichte zu schreiben, indem er das Jazz Trio Format praktisch wie neu erfunden hat. Seine Mitstreiter, der Bassist und der Schlagzeuger, die haben plötzlich viel offener gespielt als in diesem traditionellen Setting, wo die Rhythm Section einfach nur den Beat gegeben hat. Und der Pianist konnte da ein bisschen drüber spielen und das, was er da spielt, das gefällt mir irre gut. 

Und lange Rede, kurzer Sinn. Lass uns reinhören. Er nimmt die Stimmung eines Bill Evans, wie er zum Teil auch gespielt hat. Bill Evans war ein sehr introvertierter Typ. Wenn man Fotos von ihm anschaut, dann sieht man vielfach, wie er so auf dem Piano hinkauert. Er war überhaupt kein Showman. Er war das Gegenteil von nem Showman und so ist auch seine Musik. Die ist sehr introvertiert. Er hat zum Teil einfach Major- oder Minor-Akkorde aneinandergereiht, in Sekundenabständen, in Terzabständen und es hat sich immer irgendwie gut angehört. 

Und Lyle Mays nimmt genau dieses Konzept hier wieder auf, indem er so einfach Sachen nimmt. Das Tolle bei diesem subtilen Spiel ist, es hat immer so einen Swing, der darunter liegt. Es ist so schwebend. Und trotzdem ist es für die drei Musiker völlig klar, wo das Timing ist. Und sie antizipieren dieses Swing-Feel einfach konstant, gehen nie wirklich in diesen Swing rein, sondern gehen immer zurück in dieses offene Spielen. Das ist ganz typisch und das, was Bill Evans natürlich auch praktiziert hat.

Lyle Mays im Stil von Bill Evans

Und obwohl es von Lyle Mays keine Aufnahme gibt in dieser Art, ist diese sehr typisch. Er hat das völlig in sich aufgesaugt. Er konnte Bill Evans hören und konnte im gleichen Stil die Sachen natürlich auch so spielen. Eine solche Phrase geht so hinauf. Dann kommt der Schlagzeuger und antwortet darauf. Wunderschön. Das sind so typische Phrasen, die Bill Evans verwendet hat. Man merkt auch die Betonung, die ist sensationell. Zum Teil hat er wirklich diese Akzente gesetzt. Schön auf dem Offbeat, dann wieder diese rausgenommen. 

Ich muss zugeben, die Aufnahmequalität von diesem Piano finde ich ein bisschen fragwürdig. Es hört sich für mich zum Teil an, als ob es auf ein Digitalpiano eingespielt hat, wenn ich das obere Register so anhöre. Oder der Flügel hatte nicht so viele Obertöne, aber trotzdem, was er spielt, ist trotzdem sehr schön. Nur die Aufnahmequalität, da vermisse ich so ein bisschen die Wärme. Das ist eigentlich das Timing, das darunter liegt, obwohl es nicht gespielt wird vom Schlagzeuger. Auch ein gutes Beispiel für Interplay à la Bill Evans: Sobald Lyle Mays eine Pause macht am Piano, beginnt der Bassist aktiv zu werden.

Sie haben sich immer wieder gegenseitig ergänzt in diesem Interplay. Das ist einfach etwas sehr Wunderschönes. Es braucht nur sehr gute Ohren. Es braucht sehr versierte Musiker überhaupt so spielen zu können. Das ist klar. Hier im Moment hat der Schlagzeuger dieses Timing aufgenommen von ihm und sobald sie in diesem Dings drin waren, gehen sie wieder weg. Im Hintergrund läuft es immer noch weiter, aber er nimmt diese High Hat dann wieder raus. 

Und dieses Ending. Ganz leise. So leise muss man Schlagzeug spielen können. Wunderschön umgesetzt. Also eine sehr untypische Aufnahme für Lyle Mays. Hört euch das unbedingt mal an!

Hör mal in das Album „Fictionary“ rein

Es ist das Album „Fictionary“, 1993 erschienen. Ein wunderschönes Album und sonst hört euch einfach mal alles an, was die Pat Metheny Gruppe in den 90er-Jahren produziert hat. Ich finde, da waren sie auf dem Zenit mit dieser Zusammenarbeit, Lyle Mays und Pet Metheny. Rein was sie an Stimmungen kreiert haben, und an Sounds und an Kompositionen. 

Vielen Dank fürs Zuhören und Zuschauen. Falls du sonst noch Vorschläge habt für Pianisten, lass es mich wissen. Und ich werde das gerne in die Weiterentwicklung einfließen lassen.

Herzlich

Sven

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