Wie Herbie Hancock und Chick Corea war auch Keith Jarrett Pianist in Miles Davis’ Band. Damals in den 70er-Jahren im Afro-Look, laut & wild. Doch schon früh war zu erkennen, dass er die Energie und das Talent hatte, weit mehr zu sein als ein Sideman.
Das Köln-Konzert aus dem Jahre 1975 ist die am meisten verkaufte Aufnahme für Solo-Piano. Und dies, obwohl die Vorbereitungen zu dieser Aufnahme komplett aus dem Ruder liefen. Gemäß Keiths‘ Angaben klappte im Vorfeld eigentlich gar nichts. Weder die Anreise, das Stimmen des Flügels noch das Hotel. Und doch schaffte Keith Jarrett es, unter diesen Umständen eine Meisterleistung zu vollbringen.
Mehr als „nur“ ein Jazzpianist
Sein Schaffen geht weit darüber hinaus, „nur“ als Jazzpianist tätig zu sein. In den 90er-Jahren brachte Keith Jarrett eigene Kompositionen für Orchester & Oboe heraus. Die Aufnahmen zählen für mich persönlich zu wahren Schätzen der Musik.
Seine Aufnahmen mit seinem amerikanischen Trio, welches ausschließlich Jazz-Standards spielt, gehören zur höchsten Liga. Standards Vol.1 und Standards Vol. 2 stellen eine Messlatte für Jazz-Trios dar.
Gleichzeitig formierte Keith Jarrett ein europäisches Trio. Er forcierte seine Solokarriere und schrieb klassische Musik. Doch auch er ist nur ein Mensch. Mitte der 90er-Jahre litt er jahrelang an einem chronischen Erschöpfungssyndrom. Sein „unglaublich harter Umgang mit sich selber“, wie er es selbst sagt, forderte seinen Tribut.
Keith Jarrett live
Ich habe sein Trio einmal am Jazz Festival in Montreux live gesehen. Es blieb mir in spezieller Erinnerung. Keith Jarrett kam auf die Bühne, schaute nicht einmal zum Publikum. Er sagte kein Wort, sondern begann einfach zu spielen. Rein optisch ziemlich verkrampft, rein akustisch himmlisch. Erst nach ca. 30 Minuten schaute er zum ersten Mal von der Bühne zu seinen Zuhörern.
Er ist wohl einer der ganz wenigen Pianisten, die mühelos Konzertsäle füllen, in denen er ausschließlich improvisierte Konzerte gibt. Die Aufnahmen solcher Konzerte zeigen das Genie in voller Größe. Er ist in der Lage, ganze Kompositionen mit Motiven aus dem Ärmel zu schütteln. Sein Stil ist unverkennbar und hat ganze Generationen von Pianisten beeinflusst.
Hier siehst du Keith Jarrett einen meiner Lieblings-Standards spielen „Somewhere over the rainbow“.